Niels Bohr, der dänische Atomphysiker, hat einmal gesagt, dass das Gegenteil von einer tiefen Wahrheit nicht etwa ein Irrtum, sondern wieder eine tiefe Wahrheit sei.
Dr. Bettina Schembra, Gynäkologin aus St. Georgen im Schwarzwald, kann das nur unterstreichen. Sie beherrscht als Ärztin die tiefe Wahrheit der westlichen Medizin mit all ihren Segnungen. Doch gleichzeitig weiß sie um das Gleichgewicht der Kräfte, deren Erhaltung so wichtig ist. Kennt sie die richtige Mischung aus Säften, die Bedeutung von feucht und trocken, kalt und warm, hart und weich, aus denen Leben und Gesundheit erwächst. Dieses alte Wissen, das sich noch bis zu Pfarrer Kneipps Zeiten auch bei uns erhalten hatte, findet in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), die vor 4.600 Jahren entwickelt wurde, ihre unerreichbare Systematik und Praktikabilität.
Am 15. März um 19.30 Uhr will Bettina Schembra über achtzig interessierten Zuhörerinnen und Zuhörern im Hotel „El Andaluz“ im Europa-Park die tiefe Wahrheit der chinesischen Medizin näher bringen. Und die Ärztin legt los: Mit einem Kurztrip in eine Denkensweise, die für uns Europäer mehr als gewöhnungsbedürftig ist. Ohne Nacht kein Tag, ohne Erholung im Schlaf keine Aktivität, ohne Yin kein Yang. Wörtlich übersetzt sind Yin und Yang zwei Ufer eines Flusses. Die schattige Seite ist Yin und die sonnige Seite ist Yang. Yin und Yang – also die ständige Verwandlung vom Tag in die Nacht, von aktiv in passiv und wieder umgekehrt, beeinflussen sich gegenseitig. Hierdurch entsteht die Lebensenergie Qi. Ist diese Lebensenergie blockiert kommt es zur Erkrankung, genauso wie jede unnatürliche Verschiebung des Gleichgewichts zwischen Yin und Yang Krankheit zur Folge hat. Und während Farbberater Sie in Frühlings-, Sommer-, Herbst-, oder Wintertypen einteilen, kann Bettina Schembra genau sagen, ob Sie ein Yin- oder ein Yang-Typ sind.
Möchten Sie es selbst herausfinden? Hier ein Test: Haben Sie kalte Hände, kalte Füße? Bevorzugen Sie warme Speisen und Getränke? Haben Sie feuchte und fettige Haut? Ist Ihr Urin hell und reichlich? Dann sind Sie ein Yin-Typ. Und anders herum: Haben Sie warme Hände, warme Füße, lieben Sie kalte Speisen und Getränke? Ist Ihre Haut trocken? Ist Ihr Urin gelb und konzentriert? Dann sind Sie ein Yang-Typ. Kein Problem, sagen Sie, doch jetzt wird es schon komplizierter. Denn auch jedes Körperteil ist entweder mehr Yin oder mehr Yang. Yang-Organe sind zum Beispiel Magen, Dickdarm und Dünndarm, Blase und Gallenblase, also alles, was aktiv arbeitet. Sie nehmen die Nahrung auf, verarbeiten sie und scheiden wieder aus, was der Körper nicht mehr benötigt. Yin-Organe sind die Leber, Milz, Bauchspeicheldrüse, Niere und Lunge, also alles, was passiv ist und die Lebenssubstanzen, wie Blut und Säfte bewahrt.
Ziemlich kompliziert, was sich die Chinesen da ausgedacht haben, doch Bettina Schembra bringt es gut rüber und etliche Zuhörer greifen zu Block und Papier und schreiben mit.
Yang sind nicht nur warme Hände, trockene Haut und Gallenblase. Yang bedeutet auch, dass Sie aktiv, leidenschaftlich, schnell ungeduldig und ärgerlich werden. Und die Gallenblase wiederum reguliert die Eigenschaft Mut. Eine Operation an der Gallenblase kann also schwerwiegende Folgen auf das Gefühlsleben und somit auch auf die übrigen Körperfunktionen haben. Und jetzt wird es klar: TCM ist das Zusammenspiel körperlicher Funktionen und geistiger Charaktereigenschaften. Ist die dauernde Wechselwirkung und Verbindung der unsichtbaren Welt mit der sichtbaren.
Im Tagungsraum „Alhambra“ herrscht Harmonie, gedämpftes Licht und im flackernden Schein der Kerzen ein sehr aufmerksames Yang. Achtzig Menschen sind fasziniert. Wer hätte das gedacht. TCM ist nicht einfach Akupunktur. TCM viel, viel mehr als ein bisschen Nadeln stechen. Bettina ist noch längst nicht fertig. Sie berichtet von äußeren und inneren Ursachen der Erkrankung, von falscher Ernährung und wie sie als Therapeut der Traditionellen Chinesischen Medizin eine Diagnose-Erhebung durchführt. Bettina fragt und fragt und fragt, betrachtet und beobachtet, hört auf die Stimme des Patienten und registriert ob Geruch oder nicht. Sie betastet und fühlt und lässt sich die Zunge zeigen. Sie fühlt den Puls und weiß dann in der Regel wo es lang geht. Keine Frage, ein Therapeut der Traditionellen Chinesischen Medizin muss hellwach und konzentriert sein. Bettina, seit über elf Jahren im Thema und unterrichtet von den besten Lehrern, ist es. Und was die Praxis anbelangt, ist sie kaum zu schlagen. Natürlich beherrscht sie die Akupunktur, doch noch lieber greift sie zu Kräutern. In China sagt man: „Wer Kräuter praktiziert, ist der große Doktor, wer nur Akupunktur betreibt, ist der kleine Doktor“. Bettina ist der große Doktor – aber ein europäischer! Sie arbeitet am liebsten mit Granulaten, denn original chinesische Kräuter übergießt man nicht einfach mit heißem Wasser. Manche müssen sechs Stunden kochen. „Das ist zum Scheitern verurteilt“, sagt sie. Und trotzdem – Opfer muss man bringen, denn auch das Granulat schmeckt einfach scheußlich.
Nach fast zwei Stunden Einführung in die tiefe Wahrheit der Traditionellen Chinesischen Medizin wird die Fragerunde eröffnet. Sie will kein Ende nehmen. Achtzig Menschen sind begeistert und dankbar. Achtzig Menschen haben eine andere Sichtweise, ein anderes Denken, eine andere Wahrheit kennen gelernt und freuen sich über das kleine Geschenk, das sie am Ende noch erwartet.
Übrigens, früher hatte ein TCM-Therapeut in China dafür zu sorgen, dass der Patient nicht krank wurde und bezahlt wurde er nur, wenn der Patient gesund blieb.